Leserumfrage: Die richtige Richtung?

Sollten Betriebe, die im Netz zumindest zum Teil Einrichtungs- Infrastruktur besitzen, bei Neubestellungen weiter auf Einrichtungsfahrzeuge setzen oder ist der Weg zu einer größeren oder gar reinen Zweirichtungsflotte die bessere Strategie?
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Die 2007 eröffnete Stumpfwendestelle direkt vor dem Bahnhof Alexanderplatz macht auf der Berliner Metrotramlinie M2 den Einsatz von Zweirichtungsbahnen nötig. Auf der ganz überwiegenden Anzahl der Tramlinien in der Hauptstadt können aber Einrichtungsfahrzeuge fahren, dennoch setzt die BVG bei den jüngsten Neubestellungen nun konsequent auf Zweirichter>
Foto: Bernhard Kussmagk


Zweirichtungsbahnen sind teurer als Einrichtungswagen – in der Anschaffung, aber auch in der Wartung. Denn sie brauchen einen zweiten vollwertigen Führerstand und die doppelte Anzahl an Türen. Deshalb ist auch die Kapazität eines Zweirichters gegenüber einem gleichlangen Einrichter geringer, insbesondere was Sitzplätze anbelangt. Zweirichtungsfahrzeuge können hingegen flexibler eingesetzt werden – aber auch nur dann, wenn es die (dann unter Umständen ebenfalls deutlich kostenintensivere) Infrastruktur erlaubt. Die Anzahl an (reinen) Zweirichtungsbetrieben oder entsprechenden Betriebszweigen und damit auch der Anteil an Zweirichtungsfahrzeugen hat im Laufe der Jahrzehnte in der Straßenbahnwelt deutlich zugenommen. Neu oder wieder entstehende Straßenbahnsysteme setzen fast ausschließlich auf Zweirichtungsbetrieb, da Wendeschleifen die Projekte deutlich teurer machen würden oder oft schlichtweg kein Platz dafür vorhanden wäre. Das gilt auch für Neubauprojekte von Betrieben mit Ein- und Zweirichtungswagen, sodass der Anteil an Zweirichtern in der Flotte mitwachsen muss. Mancher Betrieb, bei dem die Infrastruktur traditionell bereits Teilflotten für Zweirichtungsbetrieb notwendig machte, ging im Zuge der Erneuerung des Fahrzeugparks den Weg hin zu einer reinen Zweirichtungsflotte.


Und dort, wo Einrichtungs(teil)netze in teils unterirdischen Stadtbahnsystemen aufgingen oder mit ihnen unter gemeinsamer Nutzung von Tunnel- oder sonstiger Zweirichtungs-Infrastruktur verschmolzen, war die begleitende Abkehr vom Einrichtungswagen alternativlos. Zwei Beschaffungsstrategien großer Betriebe, bei denen die überwiegende Anzahl der betriebenen Linien Einrichtungs-Infrastruktur nutzt, lassen aber aufhorchen. Die Berliner BVG und die Rhein-Neckar-Verkehr GmbH (RNV) – die Auslieferung der 2018 bei Skoda bestellten 80 Bahnen der „Tram 2020“ wird verspätet wohl erst ab Sommer 2022 anlaufen – orderten ausschließlich Zweirichtungsfahrzeuge. Diese werden komplett (Berlin) oder zu einem markanten Anteil (RNV im „Betriebszweig“ Mannheim und Ludwigshafen) Einrichtungsbahnen ersetzen. Andere große Betriebe wie Leipzig oder München hingegen setzen – bislang – konsequent auf Einrichtungsfahrzeuge. Dresden ebenfalls, jedoch mit dem interessanten und durchaus sinnvollen Ansatz, einige Zweirichtungsbahnen als „Joker“ für Baustellenverkehre (siehe Ausgabe STRASSENBAHN MAGAZIN 4/2021) in der Flotte zu haben. Diese Betriebe benötigen bislang allerdings für den Regelbetrieb auch keine Zweirichter. Bei der BVG und der RNV ist das zwar anders, die eingeschlagene Abkehr vom Einrichtungsfahrzeug ist aber fragwürdig.

Die Kritik der IGEB an der fehlenden Traktionsfähigkeit der 30-Meter-Version ist berechtigt. Auch die geringe Anzahl der Türen ist fragwürdig, denn dadurch könnte es an stark frequentierten Stationen zu unnötig langen Haltezeiten kommen. Zweirichter sind flexibel einsetzbar, aber sie haben deutlich weniger Sitzplätze als Einrichter. Benötigt die BVG in ihrem sehr großen Netz mit vielen Schleifen nur noch Zweirichter? Wäre nicht ein höherer Anteil an Einrichtern vertretbar?

Die eingangs geschilderten Vorteile sollten dort, wo es möglich ist, auch ausgespielt werden!


Sollten Betriebe, die im Netz zumindest zum Teil Einrichtungs-Infrastruktur besitzen, bei Neubestellungen weiter auf Einrichtungsfahrzeuge setzen oder ist der Weg zu einer größeren oder gar reinen Zweirichtungsflotte die bessere Strategie?

Schreiben Sie per E-Mail an redaktion@strassenbahn-magazin.de oder auch per Brief.
STRASSENBAHN MAGAZIN, Infanteriestraße 11a, 80797 München

 

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